Nachhaltigkeit

Magnetresonanztomographie und Nachhaltigkeit

Senkung des Energieverbrauchs ohne Kompromisse
5min
Philipp Grätzel von Grätz
Veröffentlicht am 30. Januar 2023

Magnetresonanztomographen sind energiehungrig, das ist kein Geheimnis. Das heißt aber nicht, dass ihr Appetit nicht gezähmt werden kann. Der durchschnittliche Energieverbrauch ist seit den Anfangsjahren der Technologie gesunken. Und es gibt einige vielversprechende Wege, die derzeit erforscht werden und die die Energieeffizienz in den kommenden Jahren weiter verbessern könnten.

Unter den modernen bildgebenden Verfahren ist die Magnetresonanztomographie (MRT) diejenige, die in der klinischen Routine den größten Stromverbrauch aufweist. "Der Hauptgrund dafür ist, dass ein MRT-System rund um die Uhr Energie benötigt", so Sören Grübel, Team Lead Hardware Development for Magnetic Resonance Imaging bei Siemens Healthineers.

Während ein Computertomograph abgeschaltet werden kann und im Schlafmodus keine relevanten Energiemengen benötigt, muss der MRT-Magnet hingegen ständig gekühlt werden, was Energieversorgung bedarf: "Wir sprechen hier von sechs bis sieben Kilowatt (kW), die wir ständig als Hintergrundenergie benötigen, plus zusätzlicher Energie, sobald das System in den produktiven Modus wechselt."

Wenn es um Diskussionen über die Nachhaltigkeit von MRTs geht, sollte die Bedeutung dieses Hintergrundenergieverbrauchs nicht unterschätzt werden. Wie hoch er genau ist, hängt natürlich von der Art und Stärke des verwendeten Magneten ab.



Der Energieverbrauch von MRT-Systemen sollte gesenkt werden, darin sind sich alle Hersteller einig. Es ist jedoch nicht einfach, die Messung des Energieverbrauchs so zu standardisieren, dass die Scanner diverser Anbieter und unterschiedlicher Systemgenerationen in verschiedenen medizinischen Einrichtungen vergleichbar gemacht werden können. Laut Grübel gibt es etwa in einem Land wie der Türkei MRTs, die mehr als 100 Patienten pro Tag scannen, was bedeutet, dass das System nicht nur tagsüber, sondern rund um die Uhr in Betrieb ist. Auch die Art der Untersuchung muss berücksichtigt werden. Hier gibt es relevante Unterschiede, sagt Grübel:

"Standarduntersuchungen können während des Scannens etwa 25 kW benötigen. Anspruchsvollere Untersuchungen, bei denen energieintensive Sequenzen zum Einsatz kommen, können bis zu 70 kW oder sogar 80 kW erreichen."
Constant cooling of an MRI magnet means constant energy is required.

Ein typisches Beispiel für eine sehr energieaufwendige Untersuchung sind Kopfuntersuchungen mit Echoplanarer Bildgebung (EPI). Bestimmte Untersuchungen des Knies, die nicht in Standardausrichtung, sondern in speziellen Winkeln durchgeführt werden, sind ebenfalls sehr energieaufwendig.

Angesichts all dessen: Wie lässt sich die Energieeffizienz auf standardisierte Weise messen? Eine Organisation, die sich genau mit dieser Frage beschäftigt hat, ist das European Coordination Committee of the Radiological, Electro medical and Healthcare IT Industry (COCIR), in dem die wichtigsten Medizintechnikhersteller zusammengeschlossen sind. COCIR hat 2011 eine Selbstregulierungsinitiative (SRI) für das Ökodesign von medizinischen Bildgebungsgeräten ins Leben gerufen. Im Rahmen dieser Initiative wurde eine standardisierte Methodik entwickelt, mit welcher der Energieverbrauch gemessen und über Hersteller und Gerätegenerationen hinweg vergleichbar gemacht werden kann.

Der jüngste Bericht des SRI aus dem Jahr 2018 zeigt, dass es gewisse Erfolge bei der nachhaltigen Gestaltung gibt. Dem Bericht zufolge sank der durchschnittliche tägliche Energieverbrauch pro Magnetresonanztomograph von 226 kWh im Jahr 2011 auf 165 kWh im Jahr 2017, was einem Rückgang von fast 30 Prozent entspricht. Der tägliche Gesamtenergieverbrauch stieg jedoch um rund 15 Prozent, da die installierte Basis in diesen sechs Jahren erheblich wuchs.
Wie kam es nun zu der Verringerung des Energieverbrauchs pro Einheit, und welche weiteren Möglichkeiten sind denkbar, um die Energieeffizienz noch weiter zu verbessern? Ein großer Teil der Verbesserung ist auf den von den Herstellern so genannten Eco Power Mode (EPM) zurückzuführen. Dieser setzt auf der Ebene des Kühlsystems an. Es geht darum, von der Dauerkühlung auf einen Modus umzustellen, bei dem sich der Helium-Kältekompressor in bestimmten Intervallen ein- und ausschaltet. Laut Simon Calvert wird EPM hauptsächlich nachts eingesetzt.

Es gibt noch andere Möglichkeiten, den Energieverbrauch zu senken, sagt Grübel: "Wenn sich der Tisch zum Beispiel in der Ausgangsposition außerhalb der Öffnung befindet, kann man durch Abschalten der Gradientenverstärker den Energieverbrauch senken, und das ist auch tagsüber möglich." Auch andere Komponenten, insbesondere Teile der Elektronik, lassen sich abschalten, wenn sich der Tisch in der Grundstellung befindet. "Wir haben diese Funktionen bereits vor zehn Jahren eingeführt, und es hat wirklich keinerlei Auswirkungen auf den Arbeitsablauf unserer Kund*innen. Wir versuchen derzeit, weitere Komponenten abzuschalten, aber die Herausforderung besteht darin, die Arbeitsabläufe dabei nicht zu beeinträchtigen. Es kommt darauf an, ob Komponenten schnell genug wieder ein- und ausgeschaltet werden können. 

Die Kund*innen wollen keine schwerfälligen Arbeitsabläufe und schon gar keine Kompromisse bei der Qualität. Auch Software kann helfen. In der gesamten Branche gibt es einen Trend zu kürzeren Scanzeiten, optimierten Sequenzen und besserer Nachbearbeitung, der durch hochentwickelte digitale Tools ermöglicht wird. Algorithmen der künstlichen Intelligenz dürften dazu beitragen, die Scanzeiten und damit den Energieverbrauch im produktiven Modus in den kommenden Jahren weiter zu senken. Leider gibt es für diese Art von Innovation kaum publizierbare Zahlen, erklärt Grübel: "COCIR befasst sich nicht wirklich mit diesen Themen. Es ist schwierig, die Auswirkungen zu quantifizieren".

Grübel sieht große Trends, die über das einzelne System und seinen Magneten hinausgehen: "Ich denke, wir werden die Integration des Scanners in das Gebäude und seine übergreifende Energieinfrastruktur neu überdenken müssen."

Das Schlagwort lautet hier "intelligente Gebäude", was bedeutet, dass Krankenhäuser, insbesondere große, nicht nur Strom und Wasser verbrauchen, sondern zumindest teilweise auch zu Produzenten werden. In einem solchen Ökosystem könnten digitale Regulierungswerkzeuge kritische Parameter wie den Energiebedarf und die notwendige Wasserversorgung modellieren und prognostizieren und die Produktionskapazitäten mit den Verbrauchskapazitäten abgleichen, um das Gebäude insgesamt nachhaltiger zu machen. Ein solches intelligentes Gebäude würde "wissen", wenn ein MRT viel Strom und damit Wasser benötigt; es könnte "prüfen", ob dies durch eine Erhöhung der internen Produktionskapazitäten oder durch eine Neugewichtung von Produktion und Verbrauch berücksichtigt werden kann. Auf diese Weise ließe sich die Gesamteffizienz des Gebäudes möglicherweise erheblich steigern, ohne dass in einem Bereich, in dem Kompromisse nicht in Frage kommen, Kompromisse eingegangen werden müssten.


Von Philipp Grätzel von Grätz

Philipp Grätzel von Grätz lebt und arbeitet als freiberuflicher Medizinjournalist in Berlin. Seine Spezialgebiete sind Digitalisierung, Technik und Herz-Kreislauf-Therapie.