Labordiagnostik

Urinanalysen: Wenige Tropfen liefern Fülle an Informationen

Jederzeit verfügbar und kostengünstig: Ein Urintest kann Aufschluss über verschiedenen Krankheiten und Zustände geben.
Andrea Lutz
Veröffentlicht am September 4, 2023

Manche Experten bezeichnen das, was wir täglich ausscheiden, als „flüssiges Gold“. Erfahren Sie, warum die Urinanalyse so aufschlussreich ist, wie der Test abläuft, welche Bedeutung er hat und welche Rolle die Digitalisierung bei der Auswertung und Interpretation der Proben spielt.

<p>Neben der Befragung zur Krankengeschichte und der körperlichen Untersuchung ist der Urintest ein wichtiges Diagnosewerkzeug, das im Rahmen der Beurteilung des Gesundheitszustands eines Patienten eine wesentliche Rolle spielt. Mit Hilfe eines solchen Tests lässt sich die Zusammensetzung des Urins von Patienten ermitteln. Eine Urinanalyse allein ergibt in der Regel noch kein vollständiges Bild, jedoch liefern die Ergebnisse Anhaltspunkte, um, wenn nötig, weitere Untersuchungen zu veranlassen. Zugleich können sie zur Diagnose von Nieren- und Harnwegserkrankungen oder zur Darstellung von Stoffwechselzuständen beitragen. Ärzte können anhand von Urinanalysen das Fortschreiten einer Erkrankung verfolgen und zahlreiche Nebenwirkungen überwachen.</p>
Routinemäßige medizinische Untersuchungen, z. B. jährliche allgemeine Vorsorgeuntersuchungen und präoperative Untersuchungen oder Screenings zur Früherkennung von Nierenerkrankungen, Diabetes Mellitus und Lebererkrankungen usw.
Abklärung bestimmter Symptome wie Bauchschmerzen, Schmerzen beim Wasserlassen, Fieber, Blut im Urin und anderer Harnwegssymptome.
Diagnose medizinischer Zustände wie Harnwegsinfekte, Nierensteine, Diabetes und Nierenentzündungen.
Überwachung des Krankheitsverlaufs: z. B. diabetische Nierenerkrankungen, bluthochdruckbedingte Nierenschäden und Niereninfektionen.
Beurteilung des Therapieansprechens und Schwangerschaftstests
<p>Zur optimalen Durchführung eines Urintests brauchen Sie eine Urinprobe der Patientin bzw. des Patienten, die frei von Verunreinigungen ist. Eine saubere Urinprobe wird durch Urinieren in einen Urinbecher gewonnen. Für einen Urintest wird in der Regel nur eine kleine Urinmenge (30–60 ml) benötigt. Patientinnen und Patienten werden häufig angewiesen, den Urin mithilfe der Mittelstrahltechnik (engl. Clean-Catch Method) aufzufangen.</p>
Ziel der Mittelstrahltechnik (engl. Clean-Catch Method) ist die Gewinnung einer Urinprobe, die frei von Verunreinigungen ist. Dazu wird die mittlere Portion des Harnstrahls aufgefangen.

<p>Wenn der Urin nicht auf natürlichem Wege ausgeschieden werden kann, können andere Methoden zur Anwendung kommen wie die Blasenkatheterisierung oder die suprapubische Aspiration. Diese Methoden liefern vermutlich die zuverlässigsten Ergebnisse, weil sie falsch positive Resultate auf ein Minimum reduzieren. Allerdings sind sie invasiv und mitunter schmerzhaft. Eine einfache Alternative ist die Uringewinnung mittels eines sterilen Urinsammelbeutels aus Kunststoff, der über den Genitalien fixiert wird. Diese Methode wird häufig angewendet, birgt jedoch ein höheres Fehlerrisiko. Alle Proben werden unabhängig von der Gewinnungsmethode visuell beurteilt und, falls erforderlich, chemisch analysiert (mittels Urin-Schnelltest oder Laboruntersuchung). Außerdem kann eine mikroskopische Untersuchung erfolgen. Eine mikroskopische Untersuchung ist nicht bei allen Proben erforderlich. Vielfach genügt eine visuelle Beurteilung mit einem Urin-Schnelltest. Eine umfassende Analyse besteht jedoch in der Regel aus diesen drei Elementen:</p>

Ein Blasenkatheter wird in der Regel verwendet, wenn Probleme beim Wasserlassen bestehen. Mithilfe des flexiblen Schlauchs wird die Blase entleert und der abgelassene Urin in einen Urinbeutel geleitet. 

Bei der suprapubischen Aspiration wird eine Urinprobe mit einer im suprapubischen Bereich in die Blase eingeführten Nadel entnommen. Ziel ist dabei in der Regel die Gewinnung einer nicht kontaminierten Urinprobe.

Bei der visuellen Untersuchung werden Farbe und Klarheit des Urins beurteilt: Dunkler Urin, eine ungewöhnliche Färbung, Blut im Urin und wolkiger oder schaumiger Urin können Anzeichen für eine mögliche Erkrankung sein.
Bei der mikroskopischen Untersuchung wird der Urin auf feste Bestandteile wie Blut, Epithel- oder Tumorzellen, Harnzylinder, Mikroorganismen, Parasiten und Kristalle untersucht.
Beim Urin-Schnelltest wird ein schmaler Teststreifen, auf den mehrere mit chemischen Stoffen imprägnierte Testfelder aufgebracht sind, in den Urin getaucht. Nach wenigen Sekunden setzt eine chemische Reaktion ein. Im Fall von Unregelmäßigkeiten ändern die Testfelder ihre Farbe. Medizinische Fachkräfte bewerten die Ergebnisse und vergleichen dazu die resultierenden Farbtöne mit einer Farbvergleichsskala.
Schon Menge, Farbe und Geruch des Urins können auf mögliche Gesundheitsprobleme hindeuten. Aus diesem Grund ist neben der Untersuchung der chemischen Zusammensetzung des Urins auch die visuelle Beurteilung von Bedeutung. Je nach der individuellen Ausgangssituation der Patienten können unterschiedliche Variablen gemessen werden. Das können physikalische Eigenschaften wie Farbe, Geruch, Sediment und charakteristische Partikel oder auch die chemische Zusammensetzung sein.

Portrait of Will Hutt

<p>Bei chemischen Untersuchungen wird ein schmaler Teststreifen in die Urinprobe getaucht. Auf dem Teststreifen befinden sich mehrere mit chemischen Stoffen imprägnierte Testfelder. Sobald diese Stoffe mit bestimmten Urinbestandteilen in Kontakt kommen, setzt eine chemische Reaktion ein. Erste Farbveränderungen können wenige Sekunden nach dem Eintauchen des Teststreifens auftreten. Die Testreaktionen fallen je nach Zeitabstand unterschiedlich aus. Daher werden die Farbveränderungen je nach Analyt in unterschiedlichen Zeitabständen erfasst.&nbsp;</p><p>Derzeit ermöglicht ein Routine-Teststreifen die chemische Bestimmung folgender Substanzen:</p>
Jede Farbveränderung auf dem Teststreifen liefert wichtige Informationen als Grundlage für klinische Entscheidungen. Gelegentlich finden sich geringe Mengen bestimmter Substanzen im Urin, obwohl kein medizinisches Problem vorliegt. Einige Farbwerte liegen noch annähernd im „normalen“ Bereich und sind je nach Alter, Geschlecht, Krankengeschichte und anderen Faktoren kein Grund zur Sorge. Nicht jede Farbveränderung bedeutet also notwendigerweise eine schlechte Nachricht! Im Urin lassen sich Verunreinigungen ebenso wie normale Spiegel von Substanzen finden.
Urin ist heutzutage eines der meistuntersuchten Materialien in klinischen mikrobiologischen Laboratorien. Der Mangel an standardisierten Verfahren sowie auf die manuelle Verarbeitung zurückgehende Abweichungen können zu inkonsistenten und unzuverlässigen Ergebnissen führen. Die gute Nachricht: Auch automatische Analysen sind möglich. Das bedeutet schnellere Ergebnisse, eine konsistente Beurteilung und eine reduzierte Arbeitsbelastung für das medizinische Personal. Angesichts der steigenden Nachfrage im Bereich Point-of-Care-Diagnostik wächst die Bedeutung von digitalen Urinanalyse-Systemen im Gesundheitssektor.
Ein digitales Urinanalyse-Gerät analysiert Urinteststreifen mithilfe hochauflösender Kameras und leistungsfähiger Algorithmen. Das Gerät interpretiert Farbe und Farbintensität des Teststreifens, erkennt bestimmte Biomarker in der Urinprobe und zeigt die Ergebnisse in einem digitalen Display an. Mit diesem Verfahren verfügen Gesundheitsdienstleister in kürzester Zeit über präzise und zuverlässige Ergebnisse am Point of Care.
Die Urinanalyse wird zum Goldstandard und geht über den Glukosetest hinaus. Mit dem allgegenwärtigen Urintest lassen sich Schwangerschaft, pH-Wert, Bakterien, Bilirubin, Ketone und Nierenfunktion feststellen. Von der Frühwarnung vor Diabetes und Nierenversagen bis hin zum Gesundheitsmanagement der Bevölkerung - Urintests helfen Ärzten bei der Bekämpfung der bedrohlichsten Krankheiten der Welt.
Teaser image YouTube Documentary Ep 4 - Urine Good Hands

Von Andrea Lutz
Andrea Lutz ist Journalistin und Business-Trainerin mit den Schwerpunkten Medizin, Technik und Healthcare IT. Sie lebt in Nürnberg, Deutschland.