COVID-19

Ist das Ende der Pandemie nah?

Angenommen, SARS-CoV-2 steht kurz davor, endemisch zu werden: Warum bleiben Tests bis auf Weiteres unerlässlich?
Eine Einschätzung des Stands der Dinge bei COVID-19.

6min
Andrea Lutz
Veröffentlicht am 31. März 2022

In jeder Stunde seit Beginn der Pandemie haben durchschnittlich 99 Menschen in Europa ihr Leben infolge von COVID-19 verloren. Weltweit waren in den ersten beiden Jahren 375 Millionen Menschen infiziert – 5,6 Millionen sind an oder mit dem Virus gestorben.[1] Viele wurden in dieser Zeit unter die Armutsgrenze gedrückt, zugleich hat die Bildung und das seelische Wohlbefinden von Kindern gelitten.[2] Doch endlich scheint sich das Blatt zu wenden.

Die Sterbezahlen sinken. Die Impfquoten steigen.[3] Und Dr. Hans Henri Kluge, WHO Regionaldirektor für Europa, verbreitet Optimismus: „Ich habe die Hoffnung, dass wir noch 2022 die Notlagenphase hinter uns lassen.“ Er ist überzeugt, „dass eine neue Welle nicht mehr eine Rückkehr zu bevölkerungsweiten Lockdowns oder ähnlichen Maßnahmen wie während der Pandemiephase erfordern würde.“ Das sei unter anderem auf eine „hohe Durchimpfung“ zurückzuführen.[4]
Inzwischen sind weltweit zehn verschiedene Impfstoffe zugelassen. Und auch wenn die bisherigen Studienergebnisse keine protektive Immunität aufgrund einer Impfung beweisen „legt der Nachweis potenter neutralisierender Antikörper einen Schutz vor schweren Krankheitsverläufen mit erhöhter Überlebenswahrscheinlichkeit nahe,“ erklärt das Robert Koch Institut und ergänzt: „Diese Antikörper schützen zumindest partiell vor Re-Infektionen mit aktuell zirkulierenden SARS-CoV-2-Stämmen“.[5]

Diese Frage lässt sich nicht eindeutig beantworten, denn nicht alle Menschen reagieren in gleicher Weise auf eine Impfung und nicht alle haben im Fall einer Infektion mit dem Virus den gleichen Krankheitsverlauf. Somit ist auch die Menge der zur Virusneutralisierung benötigten Antikörper individuell und die Zeitspanne variiert, in der sie sich überhaupt im Blut einer Person aktiv halten. Man kann zwar davon ausgehen, dass der Schutz vor einer Infektion umso besser ist, je höher der Wert der neutralisierenden Antikörper ist. Aber richtig ist auch, dass der Antikörper-Spiegel im Blut sowohl bei Geimpften als auch bei Genesenen innerhalb weniger Monate abnimmt [6] und dass es zusätzlich andere Reaktionen des Immunsystems gibt, die zum Schutz beitragen.

Antikörpertests mit quantitativer Auswertung bewerten und bestimmen die Menge der vorhandenen Antikörper; Tests mit qualitativer Auswertung liefern eine Ja/Nein-Antwort darauf, ob der Körper Antikörper produziert. Die Ergebnisse können jedoch negativ ausfallen, wenn die Werte bei einer Person, die in der Vergangenheit Antikörper gebildet hat, abnehmen. Das heißt ein negatives Ergebnis bedeutet nicht, dass der Körper nie Antikörper gebildet hat. Es kann auch bei einer Person auftreten, die früher infiziert war und deren Antikörperspiegel unter die Nachweisgrenze gesunken ist.

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Die Genauigkeit hängt von der jeweiligen Sensitivität und der Spezifität des jeweiligen Tests ab: Die Sensitivität beschreibt die Wahrscheinlichkeit, dass der Test im Blut vorhandene Antikörper auch zuverlässig erkennt. Die Spezifität hingegen beschreibt die Wahrscheinlichkeit, dass der Test korrekt anzeigt, wenn gegenwärtig gar keine getesteten Antikörper vorhanden sind.
Je weiter die Sensitivität und Spezifität eines Tests an die 100 Prozent herankommt, desto zuverlässiger ist er für diesen Faktor. Grundsätzlich schlagen die Centers for Disease Control (CDC), eine Behörde des US-Gesundheitsministeriums, die Verwendung von Antikörpertests mit einer hohen Sensitivität und Spezifität vor.

Sicher ist jetzt schon: Menschen werden das Virus weiterhin in sich tragen [7] und daher sind Tests auch in naher Zukunft unverzichtbar. Allerdings wird bald das Immunsystem von immer mehr Menschen mit dem Virus einmal in Kontakt gekommen sein. Somit könnte nach Ansicht verschiedener Gesundheitsexperten weltweit eine Situation entstehen, wie wir sie im Zusammenhang mit der Influenza (Grippe) kennen. Es kommt eine Art „Saison“, in der die Viren besonders gute Konditionen vorfinden und sich wieder stärker ausbreiten. Die meisten Menschen erkranken dann aber nur mild, weil ihr Immunsystem ausreichend Schutz bietet. Und damit wäre es möglich, ohne große Einschränkungen mit dem Virus zu leben – aus der Pandemie würde eine Endemie. Aber der Silberstreif am Horizont, also die Hoffnung, dass wir in den endemischen Status übergehen, ist derzeit nur von gewissen Erdteilen aus zu sehen. WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus bezweifelt, dass die Pandemie auch aus globaler Sicht schon bald beendet sein wird. Er warnt auch vor möglichen Varianten des Virus und erklärt, dass die Bedingungen dafür „nach wie vor ideal“[8] seien. Und diese Einschätzung untermauert er mit Zahlen: 86 WHO Mitgliedsstaaten haben nicht das Ziel des Jahres 2021 erreicht und mindestens 40 Prozent der Bevölkerung geimpft. In 34 WHO Mitgliedsstaaten konnten nicht einmal 10 Prozent der Bevölkerung geimpft werden und 85 Prozent aller Afrikaner*innen hat nicht einmal eine erste Impfdosis erhalten.[9] Diese Tatsache könnte auch Europa wieder in eine völlig andere Lage versetzen, denn an Orten mit hohem Infektionsgeschehen steigt die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung von Mutationen.

Zustand, bei dem in einer bestimmten Region oder Population ein Erreger regelmäßig ähnlich viele Krankheitsfälle auslöst - entweder kontinuierlich (zum Beispiel HI-Virus) oder etwa periodisch (zum Beispiel Grippevirus).

Wenn sich Coronaviren vermehren, dann werden etwa 30.000 RNA-Bausteine tausende Male kopiert. Dabei können Fehler auftreten, die sich dann fortsetzen, wenn ein Virus neue Zellen oder neue Wirte infiziert. Ein Großteil dieser Kopierfehler, genannt „Mutationen“, ist bedeutungslos. Aber ab und an führen die Mutationen zu neuen Eigenschaften wie Epidemiologin Dr. Maria van Kerkhove erläutert: „Je mehr das Virus zirkuliert, desto mehr Möglichkeiten hat das Virus, sich zu verändern. Omikron wird nicht die letzte Variante sein (…) und die Möglichkeit des zukünftigen Auftretens von besorgniserregenden Varianten ist sehr real (…).“[10] Diese Mutationen und Varianten sind bei RNA-Viren keine Seltenheit.
Die Omikron-Variante besitzt im Vergleich zum ursprünglichen SARS-CoV-2 Virus aus Wuhan, China, rund 30 Mutationen im Spike-Protein, die unter anderem die Übertragbarkeit des Virus erhöht haben. Darum breitet sich Omikron deutlich schneller aus als etwa die Delta-Variante.[11] Eine Studie der Universität Berkeley zeigt aber auch: Omikron ist im Vergleich zu Delta halb so gefährlich, was das Risiko einer Krankenhaus-Einlieferung angeht. Das Risiko, auf einer Intensivstation behandelt zu werden, ist um 74 Prozent reduziert und das Sterberisiko nach einer Omikron-Infektion ist im Vergleich zu Delta um 91 Prozent geringer.[12] Und dann gibt es noch eine gute Nachricht: Während sich in der Influenza-Sequenz pro Jahr 25 Mutationen pro 10.000 Erbgut-Bausteinen ansammelten, waren es bei den Coronaviren nur etwa sechs Mutationen. Damit veränderten sich die Coronaviren deutlich langsamer als das Grippevirus.[13] Und genau diese Zeit ist für uns kostbar.

Ribonucleic acid = Ribonukleinsäure ist ein wichtiger Informations- und Funktionsträger einer Zelle. RNA ist das genetische Material, das anstelle von DNA von Coronaviren verwendet wird.

… lautet die Devise der Weltgesundheitsorganisation. Die WHO schätzt, dass rund 5,6 Milliarden Menschen zweimal geimpft sein müssen, um die COVID-19-Pandemie beenden zu können. Um diese Zahl so schnell wie möglich zu erreichen, wurde die Impfplattform COVAX gegründet. Von der Initiative wurden im Rahmen der größten Impfstoffeinführung in der Geschichte der Menschheit bisher mehr als 1 Milliarde Dosen in 144 Länder geliefert.[15] Und dabei sind ganz speziell ärmere Länder der Welt im Fokus. In Europa bleibt es indessen wichtig, die Ausbreitung der Omikron Variante mit geeigneten Teststrategien so gering wie möglich zu halten.

"COVID-19 Global Vaccine Access", eine Initiative, die einen weltweit gleichmäßigen und gerechten Zugang zu Covid-19-Impfstoffen gewährleisten will.

Inzwischen wurde die Zuverlässigkeit des CLINITEST® Rapid COVID-19 Antigen-Selbsttests*, des Atellica® IM/ADVIA Centaur® SARS-CoV-2 Antigen (CoV2Ag) Assays* und des FTD SARS-CoV-2 PCR Assays* für die Omikron-Variante bewertet; ebenso der SARS-CoV-2 Antikörpertest. Eine in-silicio-Analyse ergab, dass Omikron eine Ähnlichkeit von mehr als 98 Prozent zu anderen SARS-CoV-2 Varianten aufweist.[16] Aber wie werden solche Ähnlichkeiten und Unterschiede überhaupt erkannt? Dem voraus geht eine sequenzierende Genomanalyse, also eine detaillierte Untersuchung des Genmaterials, bei der die genaue Abfolge der RNA-Bausteine innerhalb des Erbguts der Virusvariante analysiert wird.[17]

Eine In-silico-Analyse wird am Computer oder mittels Computersimulation durchgeführt.

Das heißt, rund 30.000 Basenpaare werden entschlüsselt und dann mit dem SARS-CoV-2 Wildtyp verglichen. So sind Mutationen zu erkennen. Die Sequenzen werden schließlich in einer internationalen Datenbank gespeichert, so dass Wissenschaftler gefährliche Virusvarianten schnell erkennen und genauer untersuchen können und die Länder daran arbeiten können, ihre Ausbreitung zu verhindern. Molekularbiologische Details zu den Varianten sind beim RKI[18] abrufbar. Umfangreiche Karten zur internationalen Verbreitung stellt die Seite Cov-Lineages zur Verfügung. Die durchgeführten Analysen zeigen, dass die Tests von Siemens Healthineers gut geeignet sind Omikron nachzuweisen.


Von Andrea Lutz
Andrea Lutz ist Journalistin und Business-Trainerin mit den Schwerpunkten Medizin, Technik und Healthcare IT. Sie lebt in Nürnberg, Deutschland.